Die Jury der Yagmur Gedächtnisstiftung hat den Elternkurs „Sicherer Hafen“ mit dem Yagmur Erinnerungspreis „Zivilcourage im Kinderschutz“ 2020 ausgezeichnet. Das gemeinsame Projekt von der BerndtSteinKinder Stiftung und dem Hamburger Verein Von Anfang an e.V. begleitet und unterstützt mit dem Kurs Eltern über einen Zeitraum von 20 Monaten, von der Schwangerschaft bis ins zweite Lebensjahr des Kindes. Ein Team von Familienhebammen und -kinderkrankenschwestern mit einer Weiterbildung in entwicklungspsychologischer Beratung steht den Familien in dieser Zeit zur Seite, unter anderem mit Hilfe von videogestützten Situationsanalysen. Initiiert wurde das Angebot von Vera Berndt, Vorsitzende der BerndtSteinKinder Stiftung und Dr. Dagmar Brandi, Kinderärztin, Kinderpsychotherapeutin und Gründerin des Vereins Von Anfang an e.V.. Die beiden wollten ein Beratungsangebot schaffen, das dabei hilft, Familien einen guten und sicheren Start zu ermöglichen und die Eltern-Kind-Bindung zu stärken.
Aus einer Vielzahl an Bewerbungen hat die Jury der Yagmur Gedächtnisstiftung nun diesen Elternkurs als Preisträger 2020 ausgewählt. Vera Berndt und Dr. Dagmar Brandi zeigten sich erfreut und dankbar über die Auszeichnung, die mit 2000 Euro dotiert ist.
Der Yagmur Erinnerungspreis wird alljährlich am 18. Dezember, dem Todestag der kleinen Yagmur, im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im Hamburger Rathaus verliehen. In diesem Jahr verzichtete die Yagmur Gedächtnisstiftung aufgrund der Corona-Pandemie auf die Veranstaltung und ehrt die Preisträger stattdessen mit einem Videobeitrag.
Die Laudatio des Juryvorsitzenden Helge Adolphsen wurde ebenfalls aufgezeichnet. Darin lobt der ehemalige Hauptpastor an St. Michaelis den Elternkurs „Sicherer Hafen“ als „beachtliche Kooperation von zwei Initiativen zur Prävention von Kindeswohlgefährdung“. Weiter sagte er: „Babys sollen von der ersten Minute ihres Lebens an, also „Von Anfang an“ eine sichere Bindungsentwicklung ermöglicht werden. So wird die Grundlage dafür gelegt, dass die kleinen Menschen Urvertrauen erfahren und Selbstvertrauen gewinnen können. Damit wird in ihnen ein Fundament für seelische Stärke und emotionale Kompetenz geschaffen. Das Kindeswohl ist das leitende Interesse.“
Mitglieder der Stiftungsjury sind neben Helge Adolphsen auch Dr. Stefan Renz, der Vorsitzende der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg, die Intendantin des Ernst-Deutsch-Theaters Frau Dr. Isabella Vértes-Schütter, MdHB (SPD) und der Vizepräsident der Hamburger Bürgerschaft André Trepoll, MdHB (CDU) sowie Prof. Dr. Gerhard Suess, Hamburg und Prof. Dr. jur. Ludwig Salgo, Frankfurt/Main.
Bisherige Preisträger des Yagmur Erinnerungspreises waren der „Arbeitskreis Dulsberg“ (2016), der „AugenBlicke e. V. (2017), die „Babylotsen der Stiftung Seeyou“ (2018) und der „ARCHE Hamburg e.V.“ (2019).
Mit dem Erinnerungspreis zeichnet die Yagmur Gedächtnisstiftung Personen und Initiativen aus, die sich in besonderer Weise um den Kinderschutz verdient gemacht haben. „Die Zivilgesellschaft hat Mitverantwortung für die Unversehrtheit des Lebens der Kinder“, sagt Michael Lezius, der die Yagmur Gedächtnisstiftung im Jahr 2015 aus privaten Mitteln gegründet hat. Hätte die Gesellschaft die erforderliche Wachheit gezeigt, wäre Yagmur noch am Leben. Deshalb appellieren wir mit diesem Preis auch immer wieder hinzusehen, wachsam zu sein, Zivilcourage zu zeigen, zusammenzuarbeiten und einzugreifen – damit nicht weitere Kinder durch Misshandlungen und Vernachlässigungen ums Leben kommen.“
Das Mädchen Yagmur starb am 18. Dezember 2013 im Alter von nur drei Jahren nach Misshandlung durch ihre leiblichen Eltern. Seit dem ist das Thema Kindeswohlgefährdung und Kinderschutz mehr in den Fokus der Politik gerückt. Die Enquete-Kommission „Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“ hat 70 Empfehlungen erarbeitet, die bundesweit Beachtung gefunden haben.
Doch obwohl in Gesellschaft und Politik große Einigkeit darin besteht, dass der Kinderschutz systemrelevant ist, Kinder eigenständige Rechte zustehen, hat es auch im vergangenen Jahr Fälle von Kindermisshandlung gegeben. 2019 starben in Deutschland dadurch 136 Kinder, mehr als 4000 Kinder wurden krankenhausreif geschlagen, fast 100 Mordversuche an Kindern wurden registriert und 14.000 Kinder wurden sexuell missbraucht.